[Update: Gerüchten zufolge hat sich das RPS dank neuer EU-Legislation
erledigt.]
Übersicht - Worum geht es?
Die phonographische Industrie läßt gerade eine Zensur-Infrastruktur für
das Web in einem Feldversuch testen. Die Apparatur kann URLs anhand von
Negativ-Listen (wie man uns zusicherte mit vollen URLs ohne Wildcards
oder reguläre Ausdrücke) verbieten und soll bei Internet Providern als
Zwangs-Proxy installiert werden (d.h. der Kunde kann auf das Web nur unter
Benutzung dieses Proxies zugreifen).
Die phonographische Industrie hat den Filter-Proxy von der Firma
Phononet "entwickeln" lassen, die dann einen Novell-Web-Cache mit
Filterfunktion gekauft hat, der die gewünschte Funktionalität bereits
bietet.
Wozu braucht die Phonographische Industrie eine
Zensur-Infrastruktur?
Die phonographische Industrie gibt an, die Rechte der Künstler schützen
zu wollen, die durch "Musik-Piraterie" im Internet verletzt würden.
Tatsächlich ist die phonographische Industrie aber keine
Interessensvertretung der Künstler, sondern es handelt sich um die
CD-Presser, die sich in den Anfangszeiten der CDs, als die Technologie
noch wie Voodoo aussah, gegenüber den Künstlern und Produzenten
unglaubliche Margen gesichert haben. Durch das Internet sehen diese
Mittelsmänner sich in ihrer Existenz gefährdet und wehren sich nach
Kräften. Beispiele dafür sind die kürzlichen Schauprozesse gegen
Napster und MP3.com, bei denen auch die Rechte der Künstler als Vorwand
dienten.
Letztendlich ist diese Zensur-Infrastruktur als letztes Zucken der
phonographischen Industrie zu bewerten, denn Argumente gibt es dafür
nicht.
Aber die arme Phonoindustrie!
Es kommt immer wieder vor, daß neue Methoden und Medien gefunden werden,
die alte Strukturen obsolet machen. Die alten Strukturen wehren sich
dann noch eine Weile aber sind letztendlich dem Untergang geweiht. Der
elektronische Webstuhl hat die Weber arbeitslos gemacht, die
Buchdruckerei hat die Leute um ihre Arbeit gebracht, die vorher Bücher
von Hand kopiert haben. Meistens bringen solche Umwälzungen aber für
die eigentliche Problemstellung massive Verbesserungen mit sich. So hat
das Radio die Publikumsgröße pro Künstler enorm vergrößert, auch wenn
die Künstler anfangs glaubten, sie würden jetzt nie wieder Geld für ihre
Arbeit kriegen.
Aber soweit ist es bei MP3s noch lange nicht. Die phonographische
Industrie hat selbst Statistiken über die Einnahmen um Umsätze erstellt,
aus denen sogar noch ein Gewinnwachstum hervorgeht! Die Aussagen, daß
durch Piraterie Schäden entstehen ist also völlig aus der Luft
gegriffen.
Aber ist Filtern nicht im Sinne der Künstler?
Nein. Es werden sich neue Geschäftsmodelle finden. Radio wird ja auch
pauschal abgeglichen, obwohl man nicht einmal weiß, wieviele Leute jetzt
genau zugehört haben. Im Übrigen ist das Filtern illegal, weil es nicht
das Verbreiten der MP3s verhindert, sondern das Downloaden. Damit
verhindert das Filtern nicht die Straftat, sondern die Erbringung der
verkauften Leistung seitens des Internet Providers.