17C3 Tagebuch. Im Vorfeld des Kongresses hatte ich Bedenken bezüglich der Qualität des Programmes. Insbesondere hatte ich bei einigen Eingaben den Eindruck, daß der Vortragende nicht wirklich mit dem Thema vertraut ist. Ich habe das bei einem Vortragenden angemerkt und bei einem zweiten nachgefragt (capabilities und TCP hijacking). Außerdem haben im Vorfeld mehrere andere Probleme für dicke Luft gesorgt: - kju, der auf dem Camp und den letzten Congressen den Webserver gemacht hat, bekam dieses Mal eine Absage. Man bräuchte ihn nicht. Tim könnte das dieses Jahr selber machen. Ich muß vielleicht dazu sagen, daß kju bei seiner bisherigen Arbeit dadurch aufgefallen ist, daß sie a. fristgemäß fertig war, b. einfach funktionierte, c. keinen Streß machten, d. keiner aus der Orga sich ständig darum kümmern mußte, und e. kju niemanden mit seinen Problemen genervt hat, sondern sie selbständig behoben hat. Es ist also nicht wirklich einzusehen, wieso man ihn das nicht wieder würde machen lassen. - Wir (der Club) hatten lauter tolle Zusagen, die trotz naherückendem Termin keine festen Zusagen machten. U.a. hatte SuSE eine S/390 mit 700 GB Platten in Aussicht gestellt, und Cisco hatte Tonnen von Equipment angeboten, aber die Lieferung schien in letzter Minute zu platzen. Als SuSE dann schließlich absagte, sah es so aus, als gäbe es keinen FTP-Server für den Congress. Ich habe mit Tim telefoniert, er bestätigte das, und ich habe einen Plattenhaufen von 320 GB gekauft. Wenig später rief mich der Lieferant an, daß die Platten nicht da seien, aber sie mir den Controller geschickt hätten. Ich telefonierte also wild herum und fand noch einen Lieferanten, der die Platten hatte und bestellte sie nochmal. Der Lieferant meldete sich mehrere Tage lang nicht, also rief ich da an und fragte, was aus der Lieferung geworden sei, und der Typ fummelte ein paar Minuten in ihrer Datenbank herum und meinte dann, da wäre keine Bestellung. Ich lief also nochmal herum und fand noch einen Händler, und bestellte nochmal 4 Platten, diesmal mit Overnight Delivery. Am nächsten Morgen stand dann hier jemand mit den Platten vor der Tür. Dummerweise war das der Postbote mit den Platten des ersten Lieferanten. Ich habe erstmal beide Plattenstapel abgenommen, man weiß ja nie, und bin rumgelaufen und habe irgendwo noch 10 Minuten vor Ladenschluß am 23.12. (ein Samstag) einen zweiten Controller gekriegt. Es war also klar, daß bis zum Kongress keine weitere Hardware am Start sein würde. Insbesondere habe ich kein externes Gehäuse für die Platten gefunden. Ich habe also meinen ISDN-Router auseinandergebaut, um an das Netzteil zu kommen, denn auch ein Netzteil habe ich nicht mehr bekommen. In Computerläden gibt es nur noch ATX-Netzteile, und die geben ohne Mainboard keinen Strom. Scheiß-Technik. Ich habe noch einen Panik-Anruf bei zwei Freunden gemacht, ob die noch schnell ein Gehäuse besorgen können. Einer hatte ein Gehäuse, aber gerade nicht greifbar, und der andere wollte mal in einer befreundeten Firma nachfragen, die noch ganz viele haben soll. Leider wurde aus beiden nichts. Das heißt, daß die teuren Platten auf dem Boden liegen würden. Scheiße. Na gut, zum Testen geht das erstmal. Ich habe also zuhause die Platten angeschlossen, meinen Kernel RAID-fähig gemacht, ruminstalliert, Filmchen draufkopiert, hochgefahren, drei Tage Burn-In-Test gemacht, und schwupps fiel die erste Platte aus. Ein Glück, daß ich versehentlich 8 gekauft hatte! Ich hatte mal angefragt, ob es für mich noch eine Gigabit-Ethernet-Karte gäbe, und man bestätigte mir erstmal vorläufig, aber später stellte sich dann heraus, daß man mir nur einen Port am Switch bestätigt hatte, keine Karte. Schade. Ich mußte also nochmal nach Hause und zumindest eine zweite Ethernet-Karte holen. Tag 1. Streß. Ich komme früher, damit ich den zweiten Controller und eine zweite Netzwerkkarte in den FTP-Server einbauen kann, damit es wenigstens ein bißchen Performance gibt. Wegen glatter Straßen und Parkplatznot bin ich erst um 9:10 da (10:00 ist offiziell Start). Ich drängele mich am Eingang durch, mein FTP-Server ist ja schon drin. Ich habe die drei übrigen Platten, den Controller und die Ethernetkarte dabei, die noch in meinen FTP-Server reinmüssen. Am Eingang ist eine große Schlange. Da der FTP-Server selbst schon drinnen und angeschlossen ist, will ich da jetzt nicht lange verhandeln und drängel mich durch -- mit Laptop. Der Laptop hat also kein Label. Das gibt am Abend bestimmt Streß... aber egal, der Serverumbau muß um 10 fertig sein. Der Umbau dauert natürlich trotzdem länger. Die zweite Netzwerkkarte ist am Start, und eigentlich will ich jetzt Channel Bonding betreiben. Bonding-Treiber kompiliert, geladen, sieht gut aus. Mhh, ich hänge an einem Cisco-Board ohne Bonding-Support. C. steckt mich um. Obskures Tool "ifenslave" gesaugt, Doku gelesen, aufgerufen, "device busy". Mhh, na gut, ifconfig eth0 down, ifconfig eth1 down, nochmal ifenslave. "Invalid ioctl". ARGH! Ich probiere noch eine Weile von links nach rechts, läuft nicht. Scheiße. Hinter mir wird es voll, die Hacker strömen ein, Beobachter sammeln sich um mich. Klappt halt nicht, kann jetzt keinen Streß gebrauchen, ich nehme mir also eine IP pro Interface, das muß dann halt reichen. 10:20, ich bin fertig. In mehrfacher Hinsicht. Ich hole mir erstmal einen Multivitaminsaft in der Cafeteria. Treffe Rüdi, die Münchner sind auch schon da, Frank hat sich einen Schnupfen eingefangen. Langsam läßt der Streß nach. 11:00, elliptic curve cryptography. Klingt erstmal gut, ich setze mich rein. Mhh, der Typ erinnert mich stark an den Typen, der auf der Defcon über Quantenkryptographie gefaselt hat. Mhh, der sah irgendwie asiatischer aus glaube ich. Egal, der Typ erzählt Kram, den auch ich mit meiner nicht so tollen Kryptobildung als Quark erkenne. Rüdi hat sich neben mich gesetzt und hält es kaum aus. Ich versuche, beruhigend auf ihn einzuwirken. Der Vortragende krakelt und malt auf OH-Folien herum und erzählt zwischendurch Allgemein-Krams, wobei er negativ auffällt, indem er z.B. "Galios Field" schreibt und so (Galois drehte sich wohl im Grabe um). Als er dann anfängt, elliptische Kurven als sicherer als RSA anzupreisen, weil 160 Bits schon ausreichend sicher wären, weil man ja bei RSA 1024 Bits braucht, kann ich Rüdi nicht mehr zurückhalten. Er springt auf und gibt für seine Verhältnisse üble Beschimpfungen von sich. ;-) Das Publikum hat der Vortragende offenbar bereits erfolgreich abgehängt mit seinen verwirrenden Aussagen. Rüdi hat zum Thema elliptische Kurven eine Diplomarbeit (oder war es Doktorarbeit?) betreut, d.h. seinem geballten Fachwissen hat er nichts entgegenzusetzen. Aus Verzweiflung malt er dann "P=NP?" auf eine Folie, woraufhin Rüdi vollends der Kragen platzt und er wild "Voodoo" brüllt. Insgesamt ist die Angelegenheit sehr erheiternd, aber gelernt hat da wohl keiner was. 13:00 GnuPG. Hauptsächlich will ich ja mal sehen, wie Werner Koch aussieht. Auf der Mailingliste kommt er ja so ein bißchen gesetzt, ja fast wie ein Angestellter im Öffentlichen Dienst rüber, und ein bißchen sieht er auch so aus. Ich schätze ihn auf 30-40, schütteres Haar, er bringt Magicpoint Slides an, hat aber Antialiasing nicht aktiviert bekommen und die Folien sind wohl von einer anderen Veranstaltung, d.h. passen irgendwie nicht zu einer Hacker-Veranstaltung. Er erzählt von verschiedenen PGP-Versionen, OpenPGP, und am Ende kommt er auch kurz noch zur staatlichen Förderung von GnuPG. Daraufhin wird er wüst von der Seite angepöbelt. Das Publikum wendet erstaunt die Köpfe -- Padeluun war es. Er bezichtigt Werner unflätig, er habe die Gelder durch Mißmanagement verschwendet. Aus dem Schlagabtausch kommt heraus, daß Werner offenbar bei verschiedenen Stellen nach Helfern gesucht hat, von Padeluun für DM 300 Stundenlohn Web-Designer angeboten bekommen hat, und dankend ablehnte. Er hat dann Consultants und Firmen beauftragt, und die haben das insgesamt eher unbefriedigend gemacht. Werner verteidigt sich damit, daß man halt mit Geld kein Engagement kaufen kann, sondern nur lustlose Code-Knechte. Als jemand mit einer anderen Zwischenfrage die Veranstaltung zu retten versucht, macht sich Padeluun still aus dem Staub. Padeluun hat sich mal wieder öffentlich zum Deppen gemacht und das Ansehen des CCC beschädigt. Scheiße gelaufen. Ich hoffe, jemand vom Club entschuldigt sich offiziell bei Werner. 15:00 Anatomie Capability basierter Systeme. Das Abstract dieses Vortragenden war bei seiner Vorschlags-Mail im Vorfeld etwas schwammig und ich hatte Bedenken geäußert, also mußte ich da jetzt natürlich hin. Erfreulicherweise lief der Vortrag ganz hervorragend, weil der Mann prima vorbereitet war, auch wenn er am Anfang etwas nervös wirkte. Ich saß in der ersten Reihe, damit ich unauffällig gehen konnte, wenn mein eigener Vortrag um 16 Uhr startete. Draußen merkte ich dann, daß mein Vortrag erst um 17 Uhr startete, d.h. ich war umsonst gegangen. Scheiße. Na egal, ich nutzte die Stunde, um mal nach meinem FTP-Server und meinen Freunden im Hackcenter zu gucken und ein Mittagessen einzufahren. Am nächsten Tag sprach mich der Vortragende übrigens besorgt an, was mir denn nicht gefallen hätte, daß ich so angewidert rausgerannt wäre... Oops. Ich habe seine Bedenken aber aus der Welt räumen können denke ich. 17:00 IPv6. Mein Vortrag. In einem Seminarraum. Im letzten Jahr war er in der Aula und die war gut gefüllt. Ich rechne insgeheim damit, daß es eher voll wird und bin rechtzeitig anwesend. Tatsächlich stapeln sich die Leute auf den Fluchtwegen, und Woglinde (der zuständige Engel) schmeißt sie raus. Später erzählte mir meine Frau, daß die Leute sich draußen noch vor der Tür gestapelt haben. Na egal, die Folien sind ja im Web. Dummerweise habe ich vergessen, die URL auf der letzten Folie zu erwähnen. Zuhause editiere ich das schnell bei den anderen Vorträgen rein. Der Vortrag selber lief ganz gut. Es kamen auch ein paar gute Fragen, d.h. ich habe da glaube ich nicht so viele Leute abgehängt. Die Folien sind überarbeitet seit dem letzten Jahr. Ich habe einmal die vom letzten Jahr und einmal komplett neue Folien. Ich frage am Anfang, wer schon was über IPv6 weiß, und das sind nur so ca. 10 Prozent. Ich fange also damit an, daß ich die Folien vom letzten Jahr nochmal kurz abhandle. Am Ende haben die alten Folien aber länger als die neuen Folien gedauert. Scheiß Fehlplanung. Wie konnte ich das so falsch einschätzen? So, jetzt muß ich nur noch mit meinem Laptop raus. Ich laufe mal zu Andy und frage ihn, wie ich das machen soll. Er rät mir, ich solle zu Tim in die Projektleitung laufen, mir einen Crew-Aufkleber geben lassen und die Engel am Eingang würden mich dann schon durchlassen. Ich laufe also mit Frau und müdem Kind zur Projektleitung, wo mich Tim 15 Minuten lang demonstrativ warten läßt, bevor er mich fragt, wieso gerade ich denn Teil der Crew wäre, der ich doch nichts beitragen würde und nur rumstänkern täte. Die Diskussion ist mir jetzt echt zu blöde, zumal ich in der Nacht nicht viel gepennt habe, weil ich ja morgens früh aufstehen mußte, um den FTP-Server auf Trab zu bringen. Immerhin, er bequemt sich mir nach dieser großartigen Machtdemonstration, mir einen Crew-Aufkleber zu geben, und ich komme tatsächlich damit am Engel vorbei. 2. Tag. Oh Mann, ich bin schon um 10 eingeplant! Also wieder um 8 aufstehen. Diesmal lasse ich meinen Laptop am Eingang labeln, damit das nicht wieder Streß gibt. 10:00 Routing. Mein Vortrag. Die Folien sind weitgehend die vom letzten Jahr. Um 10 Uhr hätte ich eine leere Aula erwartet, aber sie war im Gegenteil ziemlich voll. Ich habe einen etwas trockenen Hals und muß mich ständig räuspern. Das kommt irgendwie nicht so professionell habe ich den Eindruck. Immerhin, die Zuhörer sind offenbar zufrieden und applaudieren höflich. Der Vortrag dauert nur etwas über eine Stunde, also kann ich noch frühstücken. 12:00 TCP-Hijacking. Auf den Mann war ich ja gespannt. Ich hatte ihm nämlich eine Mail geschickt nach seinem Angebot, um mal zu gucken, welches Niveau sein Vortrag haben würde, und er kannte sich gut aus. Er hatte gute Folien dabei und erklärte auch die Inhalte gut, und als er dann am Ende sogar auf meine Switch und VLAN Security FAQ verwies, bin ich glaube ich ein bißchen rot angelaufen ;-) Ich bleibe noch da, um ihm am Ende zu sagen, daß mir der Vortrag gut gefallen hat. Im Workshopraum 1 läuft IDS Evasion, was ich eigentlich gerne gesehen hätte, aber es ist zu voll. Ich wäre wohl ausnahmsweise noch reingekommen, aber hätte mich dann auf den Boden hocken müssen. Ich hoffe, daß die Videoaufzeichnung funktioniert und verzichte dankend. Aber das gibt mir zu denken. Der nachfolgende Teso-Vortrag ist sicher der stärkere Vortrag im Vergleich und soll im gleichen Raum stattfinden, der jetzt schon total überfüllt ist (die Leute stapeln sich vor dem Fernseher draußen). Das gibt ein Massaker! Ich rufe Andy an, daß die Vorträge getauscht werden müssen, und er meint, ich solle halt Schilder machen, die Materialien gäbe es am Infotresen. Die Aktion stellt sich doch schwieriger als erwartet heraus, weil es weder Gafferband noch Tesafilm gibt. Schließlich finde ich doch welches bei den Engeln am Eingang. In der Aula sollte eigentlich ein Vortrag über die Wissens-Allmende stattfinden, der muß dann halt in den Workshopraum. In der Aufregung habe ich übersehen, daß die Vorträge nicht gleich lang sind und dahinter in der Aula noch ein "von der freien Gesellschaft zur freien Software" Vortrag geplant war, den ich nicht als verschoben ankündige. Das hat ein Nachspiel -- in der Mitte des Teso-Vortrages kommen ein paar Engel rein und fragen, was jetzt los ist, und daß der Vortragende von der freien Gesellschaft nicht wüßte, daß er verlegt worden sei. Ist mir fürchterlich unangenehm, das ganze, aber der Teso-Vortrag ist dermaßen gut besucht, daß es gar nicht anders ging. 14:00 Teso über Format String Vulnerabilities. Im Vorfeld hatte mir Scut gesteckt, daß sie da Forschung präsentieren würden, die in einem bisher unveröffentlichen Exploit münden würden. Ich war also sehr gespannt. Und tatsächlich, dieser Vortrag war der Höhepunkt des Vortragsprogramms des 17C3, da gibt es keine Frage. Scut war zwar am Anfang ziemlich nervös, aber durch sein relativ langsames Vorangehen und ominösen Andeutungen hatten die Zuhörer genug Zeit, selber weiterzudenken, und so entfaltete sich vor meinem geistigen Auge langsam das Ausmaß des Problems. Ich habe auf jeden Fall gut was gelernt. Während des Vortrags baute sich bei mir das nagende Gefühl auf, daß ich in Form von ffingerd noch Legacy-Sourcen draußen habe, die sprintf und syslog mixen und daher vielleicht ein Remote Exploit ermöglichen. Der Verschwörungstheoretiker in mir rechnete heimlich damit, daß Scut das gefunden und als Beispiel benutzt haben könnte, und so wurde ich etwas unruhig ;-) Zuhause habe ich dann nachgeguckt und gefunden, daß ffingerd nicht vulnerable ist. Uff, das ist ja noch mal gut gegangen. 16:00 DNS. Mein Vortrag. Andy hatte sich kurzfristig entschlossen, daß er sich dazu setzen möchte und am Ende in seiner Funktion als ICANN-Direktor Rede und Antwort stehen möchte. Ich bin mir ja nicht sicher, ob das paßt, weil mein Vortrag eigentlich eher ein langer Rant ist und sich nur mit dem Protokoll und Technik beschäftigt, nicht mit Politik und Gesellschaft. Naja, egal. Ich ziehe meinen Rant durch, das Publikum freut sich und lacht mit, und dann legt Andy los. Eigentlich hatte er keine Zeit gehabt, sich da irgendwie vorzubereiten, aber er hat aus der Lameng ein paar Bookmarks zusammengeclickt und daraus eine richtig lange Show gemacht, bei der er Anekdoten zum Besten gab und vor allem die Macht der Amis bemängelte, weil der A Root Server dort steht. Am Ende kamen dann die Verschwörungstheoretiker und die Frage kam auf, ob wir nicht nen alternativen Root-Nameserver aufsetzen sollten. Nunja, angedacht war das ja schon häufiger, technisch natürlich kein Thema, aber es kostet halt Traffic und jemand muß sich drum kümmern. Am nächsten Tag war auf dem Heise Newsticker ein dicker Bericht, daß der CCC die Welt ins Chaos stürzen will, indem das DNS-System unterwandert und ersetzt wird. Der zuständige Redakteur muß wohl aus einem Paralleluniversum berichtet haben... 18:00 Frank hätte nach uns in der Aula einen Vortrag zum Thema "wie macht man Überwachungskameras aus der Entfernung unschädlich" gehalten, aber die Münchner haben parallel für Hacker Jeopardy den Zeitschlitz zugeteilt bekommen und mich vorher auf dem Gang gebeten, als Kandidat zur Verfügung zu stehen. Die Fragen seien alle super-trivial, aber sie hätten trotzdem Angst, keine Kandidaten zu finden, und daher solle ich doch bitte mitmachen. Ich hatte zugesagt, also bin ich da auch hingegangen, und Hacker Jeopardy war in der Tat die Krönung des 17C3. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, daß Hacker Jeopardy den Congress für mich gerettet hat. Das war so schön, daß ich mich gar nicht zurückhalten konnte, ständig Zwischenrufe zu tätigen. Aber es scheint keine Aufzeichnungen zu geben, d.h. die Nachwelt sieht das hoffentlich nicht. Die Fragen fand ich übrigens größtenteils alles andere als trivial, und ich habe bestimmt 30-40% der Fragen nicht nur nicht gewußt, sondern auch falsch beantwortet. Am Ende hat es trotzdem gereicht und ich habe gewonnen! Am härtesten war mir übrigens kju auf den Fersen, und wir haben uns nichts geschenkt. Ihm war sehr peinlich, daß er sich nicht an "Godwin's Law" als Namen erinnern konnte, während er mir trotz meines gerade gehaltenen DNS-Vortrages Port 53 wegschnappte beim Benennen von Diensten aus /etc/services. ;-) Die Software war ein kruder Perl-Tk-Hack der Münchner, der trotz gewisser Unzulänglichkeiten nicht wirklich abstürzte und den Spiel-State verloren hätte. Die Buzzer waren über diese Not-Aus-Knöpfe aus dem Elektro-Fachhandel und ein selbstgebasteltes Serial-Modul implementiert, d.h. alleine der Anblick war wirklich göttlich. Mitten in der Finalrunde ging der eine Knopf dann kaputt, und die Münchner haben den mal eben on-the-fly mit einem Leatherman repariert. Kurz: das Hack Value war eigentlich kaum zu überbieten. Das war ein rund um gelungener Tag! Oh wie cool. Tag 3. Und schon wieder haben sie mich in die Frühschicht gelegt. Ich muß also wieder um 8 aus dem Bett. Um halb zehn komme ich in die Aula; die ist noch dunkel und da liegen ernsthaft Leute und pennen auf den Stühlen. Oh Mann. 10:00 IP Multicast. Mein Vortrag. Es war schon bedeutend weniger voll als das Routing gestern. Ich denke, das liegt daran, daß im Abstract keine Angriffe angekündigt waren ;-) Der Vortrag lief ganz entspannt ab und war auch nach ca einer Stunde vorbei. 12:00 F-CPU. Auf der Treppe habe ich Andreas getroffen, der Digital-TV macht, und der meinte, er erzählt nichts neues und ich soll mir F-CPU angucken, die hätten gerade erste Pläne veröffentlich. Au ja, guck ich mir also F-CPU an und erwarta da jetzt Schaltpläne und Diskussionen des Busprotokolls, ALU-Anordnungen, Überlegungen zum Instruction Set, sowas halt. Stattdessen kommt da ein Franzose und erzählt von Mailinglisten und Webseiten, von Lizenzen und wie sie sich finanzieren wollen. Mhh. Nach einer Stunde gibt er das Mikrofon an einen anderen Franzosen ab, der dann von Hardware reden soll, und der konnte mich so gar nicht überzeugen. Er meinte, er wolle massive SMP-Performance und Ausfallsicherheit und malte dann auf einer Folie eine Sterntopologie, die er mit "skaliert nicht und zu teuer" wegwischte, dann kam eine n-Cube Topologie, und dann ein Ring, und schließlich meinte er, daß sie sich ja eine Erweiterung des Ringes überlegt hätten, die alle guten Eigenschaften vereinen würden, und das war dann... ein Bus? Huh? Dazu kommt, daß er auf dem Bus Gigabyte (ja, byte, nicht -bit, was mich ja nachdenklich machte, ob der wirklich weiß, wovon er da spricht) Ethernet sprechen will, und dann könnte man da einen I/O-Device haben und n CPU+RAM Devices, und er will pro CPU RAM haben und die CPUs sollen sich die Last teilen, indem sie auf dem Bus sagen, wie ausgelastet sie sind und dann halt Last übernehmen können. Rein technisch funktioniert das natürlich so gar nicht, weil es von der Prozeßpriorität abhängt, ob eine CPU noch einen Prozeß unterbringen kann oder nicht. Und Gigabit Ethernet ist zwar keine so abwegige Idee (die PCI-Nachfolger überlegen das auch), aber billig ist das mit Sicherheit nicht, eher im Gegenteil. Und nur ein I/O-Board zulassen zu wollen ist auch Humbug. Als Skalierungs-Konzept schlug er dann kurzerhand vor, Switches zwischen die Busse zu tun. Was soll ich sagen: F-CPU is doomed. Wenn das ihr Techniker war, dann kommen die nicht weit. Ach ja: gegen n-Cube sprach seiner Meinung nach, daß das Routing problematisch wäre. ?!? Schade eigentlich. Ich hatte mir da viel von versprochen. 14:00 AES. Ein Rüdi-Vortrag. Rüdi merkt man an, daß er Vorträge halten kann. Er spricht zwar etwas undeutlich, aber bringt in jedem Satz mehr Seitenhiebe und -tritte unter als ich in einem ganzen Absatz. Das Publikum (inklusive mir) hat sich könliglich amüsiert. Und gelernt haben wir, daß die NSA der größte Blutspender des Bundesstaates ist, auch wenn Rüdi gerne noch wissen würde, wessen Blut die da spenden. Außerdem freuten sich alle gemeinsam darüber, daß die NSA die Verfahren auch noch begutachten mußten, die dafür sorgen werden, daß sie bald keine Banküberweisungen mehr abhören können. 16:00 Netfilter. Das war ein richtig guter Vortrag. Harald ist ein Core Developer von Netfilter, und das merkt man einfach. Gut, er hat da jetzt keine Ufo-Technologien verraten, aber er hat schon ein paar Sachen erzählt, die nicht auf der Webseite stehen, und hat mir richtig Lust gegeben, da mal ein Modul für zu hacken. 17:00 Upcoming Security Nightmares. Ron hatte offenbar Angst, er würde die Stunde nicht füllen können, und so meinte er vorher noch, ich solle mich da ruhig häufig zu Wort melden. Das habe ich dann getan, aber wir hätten da noch Stunden mit Hellsehen verbringen können. Das Publikum hat sich auch schön beteiligt (insbesondere in Form von Hacko ;-}). 18:00 Einführung in die Erratik (Performatives Propädeutikum). Ich habe nur die letzten Minuten mitgekriegt, aber das war wohl die diesjährige Version des Illuminaten-Gefasels. Ein gelangweilt und langweilig wirkender Vortragender legte sich irgendwelche abwegigen Theorien zusammen und überzeugte endgültig durch den Versuch, seinen frisch zusammendefinierten Begriff des "akausalen Zusammenhangs" durch Verweis auf das Einstein-Podolsky-Rosen Experiment belegen zu wollen. Was für ein Kook! Naja, ich habe mich ganz gut amüsiert... 19:00 Abschlußveranstaltung. Am ersten Abend war ich relativ verspannt wegen Tim, am zweiten Abend war ich richtig gut gelaunt, und am dritten Abend war ich auch ziemlich gut gelaunt und geneigt, den Congress insgesamt als Erfolg zu sehen. Ich wollte also die Chance nutzen, wenn das Mikrofon an das Publikum gehen würde, um mal ein paar Lobe auszusprechen. Lutz Donnerhacke war ja dieses Jahr nicht da, also hatten die Veranstalter eigentlich nichts zu befürchten. Es kam alles ganz anders. Das Desaster fing an, als sich zwei Häcksen zu der Führungsriege (Tim, Andy und Wau) auf die Bühne setzen wollten, um dort von ihren Projekten zu erzählen, und von Tin weggeschickt wurden. Es machte sich Unmut breit. Jeedi versuchte noch, mir ein Guerilla-Funkmikrofon zu besorgen, damit wir im Notfall einfach reinlabern könnten, aber das klappte nicht. Die Häcksen rotteten sich nahe des Eingangs zu einer bedenklich großen saueren Menge zusammen, so daß ihnen später doch kurz das Wort eingeräumt wurde, aber insgesamt war das eine wirklich trauriger Veranstaltung. Man visualisiere die Aula des HAKP, das ja früher SED-Parteischule war, d.h. das wirkt immer noch alles etwas wie auf einem SED-Parteitag. Auf der Bühne sitzen drei Gestalten, die sich zwanzig Minuten lang selbst auf die Schulter klopfen, wie toll sie doch waren. Dann kommt der unheimlich insprierte Witz, daß Tim 2342 Teilnehmer gezählt hätte (haha, selten so gelacht), Andy erzählt dann noch, daß wir nur 6 Mbps vom Internet benutzt hätten, und da also noch viel Luft gewesen wäre, und überhaupt waren alle Statistiken in der Form "Plansoll übererfüllt". Ich kam mir Original wie auf einer SED-Quartalssitzung vor, wo sich ein paar senile weltfremde alte Männer gegenseitig loben und sonst niemanden zu Wort kommen lassen. Wau rundete das ganze ab, indem er sich wortgewaltig darüber freute, daß der CCC etwas für die Jugend tue, und überhaupt sei ja die Förderung der Jugend ein prima Ziel und für die Jugendbildung müsse man ja was tun und ich sah einfach geistig einen senilen Bildungsminister vor mir, der glaubt, Aussagen über die Probleme der Jugend treffen zu können. Die Art, in der Wau von der Jugend in der sprach, erinnerte einfach an einen Zoologen, der eine fremde Spezies beobachtet. Als dann eine Petition aus dem Publikum eingereicht wurde, daß sie auch mal andere Leute zu Wort kommen lassen sollten, beendete Tim die Veranstaltung kurzerhand und die Mikrophone wurden abgeschaltet. Ich spürte plötzlich das unbändige Verlangen in mir, die DDR-Nationalhymne anzusingen und mußte wegen Kotzreflex den Saal schnell verlassen. Diese Abschlußveranstaltung hat es geschafft, die ganzen positiven Aspekte des Kongresses zu vernichten. Was für eine peinliche Aktion. Und dieses Abbügeln der Häcksen, die ja der innovativste Teil des Kongresses waren, das hat mich dazu gebracht, mich meiner Clubmitgliedschaft zu schämen. Ich denke nicht, daß das nächstes Jahr besser wird. Ich werde also im nächsten Jahr nicht beim Kongress mithelfen, außer wenn Tim Pritlove abtritt und diese Abschottung der Projektleitung aufhört. Die hatte sich nämlich in einer dunklen Ecke in einem Hinterzimmer verschanzt und an dem Eingang zu den dahin führenden Katakomben einen Wachschutzengel hingestellt, damit auch niemand des gemeinen Fußvolks ihr Privatklo benutzen könnte. Nur mit Backstage-Paß durfte man da hin. Mit den Idealen des CCC hatte das jedenfalls nichts zu tun. Nachtrag: ich habe aus relativ heiterem Himmel eine Mail vom F-CPU-Projekt bekommen, wo sich Jeff aus dem Projekt zurückzieht. Jeff ist wohl der Mann, der den Technik-Teil von dem F-CPU-Vortrag gemacht hat. Das tut mir leid, ich wollte das Projekt nicht töten mit meinen Kommentaren! Leider habe ich auch keine Zeit dafür, den Schaden wieder gutzumachen. Dumm gelaufen :-(