Bericht vom Linuxtag 2003 0. Tag Nach einer echt langen Zugfahrt von Berlin nach Karlsruhe kam ich im Hotel an (sehr nettes Hotel übrigens). Sie hatten einen Raum für mich im 5. Stock und irgendein Joker hatte den Feueralarm ausgelöst. Also war der Fahrstuhl kaputt. Und ich mußte mein Gepäck in den 5. Stock tragen. Ich war eigentlich früh genug da, um noch die letzten beiden Talks der Business Abteilung zu besuchen, wo ich auch einen Vortrag eingereicht hatte, der aber nicht genommen wurde. Leider wollte man dort selbst die Speaker der Tage 1-3 nicht reinlassen. Also lief ich ein bißchen rum und traf bei der Ausstellung Clifford von Rocklinux und hörte mir eine ad-hoc Veranstaltung von ihm in einem der Seminarräume an. Später traf ich dann noch DrNO, der inzwischen in Karlsruhe arbeitet, und der mir eine Führung durch die Serverräume von Web.de anbot, die in der Tat ganz beeindruckend war. 1. Tag Mein Vortrag war um 11, als Teil 2 eines Panels aus drei Vorträgen. Der erste Vortrag war über User Mode Linux und eine MPLS Simulation. Mein Vortrag lief ganz gut. Ich hatte 48 Folien und drei Bilderchen und 45 Minuten, was an sich fürchterlich knapp ist, also hatte ich einen großen Druck, da schnell durchzublättern, und am Ende war ich sogar vor meiner Zeit fertig. Nach dem Vortrag sprach mit Gunnar Ritter an, den ich aus Usenet seit einigen Jahren kenne aber noch nie getroffen habe. Wir sind zusammen durch die Stadt gelaufen (in neuen Städten schaue ich mir gerne die Innenstadt, eine große Buchhandlung und die Uni an, und danach prägt sich mein Eindruck der Stadt) und haben eine Buchhandlung, die Fußgängerzone und ein Restaurant besucht. In dem Buchladen hab ich die zu meiner Überraschung die 3. Auflage des Henessy-Patterson gesehen und natürlich sofort gekauft, und dann haben Gunnar und ich beim Mittagessen über die Amerikaner, Chomsky und die Weltverschwörung diskutiert. In der Zeit habe ich einige Vorträge verpaßt, u.a. den Netfilter Talk von Harald, aber er hat mir später zugesichert, daß ich nichts verpaßt habe ;) Am Nachmittag gab es dann noch im riesigen Monster-Saal nacheinander einen Vortrag vom GNOME Team und einen vom KDE Team, und ich die Gegenveranstaltungen waren nicht sehr einladend, also bin ich da hingegangen, in der Hoffnung, daß dem GNOME Team ihre instabile Schweinesoftware während der Vorführung abraucht, genau wie sie mir beim mal-kurz-anschauen immer um die Ohren fliegt. Für den Notfall hatte ich geplant, ein paar fiese Fragen zu stellen, z.B. der wievielte File Open Dialog denn jetzt eigentlich gerade aktuell ist, und warum GConf DTD basiert ist und dann bei Software Updates mit erweiterten Config Files die alten nicht mehr lesen kann. Es stellte sich heraus, daß ich das gar nicht mußte. Dem GNOME Typ rauchten während der Demonstration 5 Anwendungen ab, alles war wirklich auffallend langsam, während der Mensch die Wartepausen damit überbrückte, darauf hinzuweisen, daß die alte Version ja noch viel langsamer war und daß er ja hier zur Vorführung ja auch nur einen 1 Gigahertz Rechner habe und so. Unglaublich. Zwei weitere Vorführungen hat er direkt abgebrochen, mit dem Hinweis "das zeige ich jetzt noch, sonst bleibt Abiword stehen" (beim Einführen eines arabischen Unicode-Zeichens aus der Zeichensatztabelle) und "das kann ich gerade nicht zeigen, das tut seit 4 Tagen nicht mehr" (bei irgendeinem Multimedia-Preview in Nautilus). Es war so unglaublich, daß die Zuhörerschaft echt in lautes Gelächter ausbrach. Der KDE-Mensch hingegen hat auch eine CVS-Version gehabt, und bis auf ein kosmetisches Problem beim Zweimal-Starten der Groupware-Anwendung lief das stabil und vor allem fix durch. Auch der GNOME Typ hatte seinen Rechner vorgebootet und alle GNOME Libraries im RAM, aber der Unterschied war echt frappierend. Der KDE Mensch war eine rheinische Frohnatur und hatte auffallend Spaß mit sich, seinem Vortrag und den Zuhörern. Am Abend gab es noch ein Social Event, der aber völlig überlaufen war. Das Buffet war essentiell dauer-leergefressen und lange Schlangen bildeten sich. Immerhin war genug Bier und Cola da ;-) Aber besonders Social war das dann nicht, weil man nicht mal einen Sitzplatz fand, wenn man vom Buffet kam. 2. Tag Der Tag beginnt mit einem XFS Vortrag. Der Vortragende kam mit seinem neuen iBook und hatte noch nie VGA Out benutzt, kriegte es nicht an den Start und hatte den Vortrag in Magicpoint gemacht. Ich hab also schnell Magicpoint kompiliert, ihn mit fftpd seine Folien uploaden lassen (mit meinem Notfall-Crosskabel) und dann hat er den Vortrag halt mit meinem Notebook gehalten. Das Publikum hatte aber jedenfalls Spaß bei seinem XF86Config Gefummel. Er hat ein paar lustige Seitenhiebe auf Reiserfs gemacht und ansonsten mal aus dem Nähkästchen geplaudert, was sie da alles von Irix portiert und danach wieder weggeschmissen haben. Der nächste Vortrag ist von Daniel Phillip, der inzwischen bei Sistina arbeitet. Sein Vortrag ist recht konfus, er erzählt am Anfang erst mal leutselig, wie er von VA Linux angestellt wurde, dann da offenbar nur für ca. die Dauer einer Telefonkonferenz angestellt war, und dann auf dem 19C3 Nils kennenlernte, der ihn zum Linuxtag einlud und über sein dort eingereichtes Paper wurde Sistina auf ihn aufmerksam und stellte ihn ein. Seine Arbeit fing damit an, daß ihm VA Linux ein paar SCSI Platten schenkte und er RAID 5 probierte und das scheiße langsam war (nein, wirklich?! I'm shocked, *shocked* I tell you!) und er sich jetzt Gedanken macht über ein RAID 3 Derivat, das er RAID 3.5 nennt. RAID 3 ist ein obsoletes Supercomputer-Zeug, das Platten synchron rotieren läßt und dann parallel schreibt. Er hat sich dann mal Gedanken gemacht, wie man da noch Parity reintut und nennt das Ergebnis RAID 3.5. Er macht es als Plugin für den Sistina Device Mapper, d.h. in Software. "Speaking of Performance, I'm going to fast forward over a few slides here" ;) Ein an sich ganz lustiger Talk, sehr informell und spaßig. Er weiß noch nicht, wie schnell das tatsächlich ist. Das Hauptargument gegen RAID 3 ist offenbar, daß es a) keine Hardwarecontroller mehr dafür gibt (ist ja wurscht wenn man es in Software macht) und b) wenn die Platten nicht synchron sind, man eine Rotation Strafe frißt, weil die lahmste Platte noch nicht da ist. Er meint dazu, daß das ja egal ist, weil die Platte ja trotzdem gleich schnell ist, die laggt dann halt immer ein bißchen hinterher, aber die Strafe frißt man nur einmal am Tag, am Anfang ;) Hans Reiser muß in den letzten Wochen gegen einen echt großen Betonträger gelaufen sein, denn er war geradezu auffallend zurückhaltend, ja gerade zu bescheiden, gab bei Zwischenfragen unumwunden zu, wenn er sie nicht verstanden hat, und überhaupt wirkte die ganze Aktion eher wie ein öffentliches Brainstorming als eine Präsentation. Reiserfs 4 soll eine Art Log Structured File System werden, wobei die Innovation ist, daß die Blocks auf Platte erst beim Flush alloziert werden, so daß man ein anständiges Layout auf Platte kriegt, wenn man z.B. einen Linux Kernel auf einer Maschine auspackt, wo die Sourcen komplett in den Cache passen. Die anderen Fälle will Hans so lösen, daß er einen Defragmenter mitliefert, den man dann halt nachts im Cronjob anwirft. Mhh. Jemand fragte nach, wie man denn dann sensible Daten überschreiben könne, und Hans schlug vor, den freien Platz auf der Platte mit Müll zu füllen, dann könne man sicher sein, daß auch die alte Version der Datei überschrieben sei danach. Mein Einwand war dann noch, daß er so die Performance von Datenbanken mit Dateien als Backend Storage komplett vernichtet, weil Änderungen halt ins Journal geschrieben werden, und er dann ja später das Journal woanders hin deklariert und die Blöcke aus dem Journal als Teile der ursprünglichen Datei deklariert. Das sorgt offensichtlich dafür, daß die Dateien überhaupt nicht mehr kontinuierlich auf Platte stehen. Der XFS Mensch warf ein, daß man das ja anhand von O_DIRECT erkennen könne, Hans hatte daran aber offensichtlich noch nicht gedacht und meinte, er würde darüber nachdenken. Jemand fragte dann noch, ob ein Background Defragmenter nicht wieder zu Kollisionen mit LILO führt, woraufhin Hans meinte, das würde er inzwischen kennen, und da müßte man sich keine Sorgen machen, mit den LILO-Leuten will er nicht noch mal kollidieren.